Torah: 1. Mose 37:1–40:23; Haftara: Amos 2:6–3:8; Brit Chadascha:
(Angaben nach „Die Tora nach der Übersetzung von Moses Mendelssohn“ und David Stern)
[Autor: Andrea Beran, Alfred Balzer]
Wajeschew – Und er wohnte
Die Torahlesung Wajeschew umfasst drei Geschichten, in denen menschliche Ungerechtigkeit und Unmoral auf der einen Seite und G’ttes Treue und nicht immer gleich offenkundiges Handeln auf der anderen Seite eine wesentliche Rolle spielen:
- Die meist bekannte Geschichte, in welcher der junge Josef von seinem Vater Jakob bevorzugt wird, seine Brüder eifersüchtig sind, ihn töten wollen und ihn letztlich als Sklaven nach Ägypten verkaufen (1. Mo 37:1–36).
- Die Geschichte von Judas Schwiegertochter Tamar, welcher Juda die erneute Schwagerehe nach dem Tod ihres Mannes verweigert und welche daraufhin zu einer Verzweiflungstat greift und von Juda schwanger wird (1. Mo 38:1–30).
- Die Geschichte von Josef in Ägypten, der durch die Verleumdung der Frau seines Dienstherrn im Gefängnis landet (1. Mo 39:1–40:23).
In den drei Geschichten wird deutlich, wie G’tt menschliches Versagen, Sünde und Leid nutzt und zu etwas Gutem und als Teil Seines Heilsplans werden lässt.
In der ersten Geschichte berichtet der 17-jährige Josef den Brüdern und auch seinem Vater von seinen Träumen, in denen Garben bzw. Gestirne sich vor ihm verbeugen. Seine Brüder reagieren mit Eifersucht. Der Vater Jakob erkennt hingegen auch Prophetisches in den Worten und merkt sich das Gesagte. Aus der Eifersucht der Brüder und dem daraus entstehenden Hass erwächst der Wunsch, Josef zu töten. Der Bruder Juda verhindert dies, so dass Josef stattdessen verkauft und nach Ägypten verschleppt wird. Vater Jakob reagiert mit Trauer auf den mit Ziegenblut auf Josefs buntem Kleid vorgetäuschten Tod seines Lieblingssohnes. Im Hintergrund bereitet G’tt die Rettung der Familie und damit des Volkes Israel vor, wie es in den nachfolgenden Torahlesungen erkennbar wird.
In der zweiten Geschichte wird Juda, der den Tod Josefs in der ersten Geschichte verhindert und doch gleichzeitig mit vortäuscht, schuldig an seiner Schwiegertochter Tamar. Er teilt ihr nicht – wie versprochen – mit, dass sein jüngster Sohn erwachsen für die zu jener Zeit rechtmäßige Schwagerehe (Levirat) geworden ist, mit der dem verstorbenen, kinderlosen Bruder Nachkommen gesichert werden soll. Tamar gibt sich unerkannt als Prostituierte aus, und Juda will ihre vorgegebenen Dienste in Anspruch nehmen. Als eine mögliche Parallele zu der ersten Geschichte fordert Tamar von Juda als Preis eine Ziege und als Pfand u.a. ein Kleidungsstück. Sie wird von ihm schwanger. Juda als ihr Schwiegervater will sie wegen ihrer angeblichen Unzucht steinigen lassen. Juda wurde getäuscht und erkennt aber in der weiteren Geschichte seine Ungerechtigkeit Tamar gegenüber. Heilsgeschichtlich bedeutsam ist, dass Perez, einer der beiden Zwillingssöhne, die Tamar von Juda zur Welt bringt, ein Vorfahr des Königs David ist.
Die dritte Geschichte setzt – nach der eingeschobenen zweiten Geschichte – mit Josef fort, der mittlerweile in Ägypten ist und dessen Tätigkeit von G’tt gesegnet wird. Josef verweigert sich der Frau seines Dienstherrn, die ihn daraufhin fälschlich einer Vergewaltigung beschuldigt. Josef landet unschuldig im Gefängnis. G’tt segnet ihn auch dort. Nach seiner anfänglichen jugendlichen Arroganz, wie sie sich in der ersten Geschichte andeutet, ist Josef reifer geworden. G’ttes verborgenes Heilshandeln setzt sich fort. Josef wächst in seine spätere Rolle als Retter hinein.
In der Torahlesung schwingen Hinweise auf den Messias mit, für den teilweise auch der Typus Ben Josef bzw. Ben David verwendet wird (Ben = Sohn). Für beide Typen klingt eine Verbindung zu dem Messias Jeschua an.
Josef wurde für 20 Silberlinge als Sklave verkauft. (Die 20 Silberlinge, für die Josef verkauft wurde, werden in 3. Mose 27:5 bei der Schätzung bei einem Gelübde eines männlichen Menschen von 5 bis 20 Jahren angesetzt.) Sein Leiden führte später dazu, dass er seine rettende Funktion ausüben kann.
Auch Jeschua wurde für eine begrenzte Summe von in diesem Fall 30 Silberlingen verraten (siehe hierzu Mt 27:9 sowie auch Sach 11:12–13). Jeschuas Tod führte zu einem menschlichen gesehenen Ende einer Hoffnung, jedoch überwindet G’tt den Tod und schafft Rettung und Erlösung zunächst für Israel und letztlich für die ganze Welt.
Perez – der eine Zwillingssohn von Tamar und Juda aus der zwischen geschobenen Geschichte, ist im Geschlechtsregister des Messias Jeschua nach Matthäus (ab Mt 1:3) zu finden. Hierdurch besteht über den König David eine heilsgeschichtliche Verbindung zu Jeschua als Nachkommen Davids, d.h. Ben David.
Parallelen zwischen Josef und Jeschua lassen sich auch in der dritten Geschichte erkennen. Josef hat Treue und Gehorsam gelernt und wird von G’tt auch im Leiden gesegnet. Sein Verhalten lässt einen Vergleich zu Jeschua zu, wie es in 1. Petrus 2:22–23 beschrieben ist. Beide haben Gehorsam (vgl. Hebr 5:8) gelernt. Jeschua ist sowohl ein Ben David als auch ein Ben Josef.
So zeigen die drei Geschichten, wo durch Leid und eventuelle Hoffnungslosigkeit aus menschlicher Sicht das Ende zu sein scheint, G’tt wirkt und zu Seinem Ziel kommt. Das ermutigt, sich immer wieder neu der Hand G’ttes, unseres Vaters und unseres Königs, anzuvertrauen.