Ki Teze

Torah: 5. Mose 21:10–25:19; Haftara: Jesaja 54:1–10; Brit Chadascha: Lukas 6:20–36; Apostelgeschichte 21:1–36; Jakobus 2:1–13

(Angaben nach „Die Tora nach der Übersetzung von Moses Mendelssohn“ und David Stern)
[Autor: Jurek Schulz]

Ki Teze – Wenn du ausziehst

Einleitung:

Halten wir die Einteilung der Torah unter drei Hauptpunkten fest:

  1. Sie ist ein Riegel, d. h. sie will Unrecht verhindern.

  2. Sie ist ein Siegel, d. h. sie will das Recht schützen.

  3. Sie ist ein Spiegel, d. h. sie deckt die Schuld auf.

Diese vielseitigen Verordnungen in unserem Abschnitt erscheinen auf den ersten Blick nicht logisch.

Das Leben des Volkes Israel in der neuen Freiheit soll sich von dem der anderen Völker deutlich unterscheiden. Daher beziehen sich die Weisungen hauptsächlich auf das gesellschaftliche und das familiäre Alltagsleben. Der Umgang im Miteinander, selbst mit den Tieren, muss von einer Fürsorge und einem Mitgefühl getragen werden. Unter G’ttes besonderem Schutz stehen Ehen, Familien, Minderheiten, Arbeiter, Fremde, Witwen und Waisen. Daher muss das alltägliche Miteinander geregelt werden.

Inhalt (5. Mo 21:10–25:19):

  1. G’tt möchte nicht, dass eine Frau, die in Kriegsgefangenschaft gerät, entehrt wird (21:10–14).

  2. Die Rechte und das Erbe des „ungeliebten“ Erstgeborenen dürfen vom Vater nicht angetastet werden (21:15–17).

  3. Der Umgang mit widerspenstigen Kindern, die nicht auf die Eltern hören, darf nicht ignoriert werden (21:18–21).

  4. Der Körper von Gehängten muss wie bei jedem Toten noch am Todestag begraben werden, damit das Land nicht unrein wird (21:22–23).

  5. Die verschiedenen Vorschriften zum Schutz der Armen und der Tiere sind Ausdruck der Nächstenliebe und dienen als Zeichen der Barmherzigkeit (22:1–12).

  6. Der Entehrung durch Missbrauch, die Erniedrigung durch Verleumdungen oder Lügen, die Entwürdigung durch sexuelle Verirrungen müssen strafrechtlich geregelt werden (22:13–23:1).

  7. Die genauen Bedingungen für die Aufnahme Fremder in die Gemeinde Israels müssen exakt begründet werden (23:3–9).

  8. Im Krieg darf keine Verrohung des Menschen entstehen (23:10–15).

  9. Die Unbarmherzigkeit und die unmoralische Bereicherung gegenüber Knechten und Verarmten sollen vermieden werden (23:16–26).

  10. Die Eheschließungen stehen unter besonderem Schutz, besonders für Jungverheiratete. Scheidungen werden geordnet und schließen erneute Ehen mit dem Geschiedenen aus (24:1–5).

  11. Die Gerechtigkeit eines Volkes zeigt sich immer im Umgang mit den ganz Schwachen, Armen und Ausländern (24:6–22).

  12. Die Schwagerehe und der Umgang mit Strafen und Schadenersatzforderungen müssen beachtet werden (25:1–10).

  13. Eine weitere Bestimmung war die Bestrafung der Frau, welche ihrem Mann im Kampf helfen möchte (es ist ein lobenswertes, logisches und persönliches Bedürfnis der Frau, die jedoch den Gegner entehrt). Da jedoch die öffentliche Moral durch ihre Handlung verletzt wurde, wiegt es schwerer als die Schuld der Gegner (25:11–12).

  14. Die Maße und Gewichte im Geschäftsleben müssen einwandfrei sein (25:13–16).

  15. Zuletzt soll die Erinnerung an den heimtückischen Überfall Amaleks nicht vergessen werden (25:17–19).

Für alle Bestimmungen und Verordnungen gibt die Thora folgende Begründung an:

5. Mose 23:15:

„Denn der Herr, euer G’tt, ist mitten unter euch in eurem Lager!“

Das hebr. Wort „mithalech“ von hälech bedeutet: hin und her gehen, sich ergehen, wandeln, laufen. D. h. inmitten des Lagers Israel wandelt, läuft JHWH, euer G’tt hin und her. Er ist also jederzeit zugegen, daher muss alles im Willen G’ttes sein. Es muss also „geheiligt“ sein. Die Elberfelder Übersetzung sagt: „lebt mitten in deinem Lager“.

Im Textabschnitt bei Jesaja 54 lesen wir, dass die Not als eine Folge des Ungehorsams entstanden ist. Dennoch bleibt die Treue G’ttes gegenüber Israel. Er hält seine grundsätzlichen Verheißungen.

Im Evangelium tröstet Jeschua in Lukas 6:20–23 die um seines Namens Willen Entrechteten und gibt ihnen ebenfalls grundsätzliche Verheißungen.

In Lukas 6:24–26 werden die Unbarmherzigen, welche das Leid der Entrechteten ignorierten, verurteilt.

Die Heiligung Israels und der Gläubigen wird detailliert in Lukas 6:27–36 beschrieben. Zusammengefasst steht hier die Barmherzigkeit im Miteinander im Mittelpunkt, eben weil G’tt der Herr barmherzig ist. Das gilt auch für die Feindesliebe.

In der Apostelgeschichte 21 sehen wir das Schicksal des Paulus als Beispiel, wie es geschehen kann, wenn einer, der selbst Menschen entrechtete (Apg 6:54–60, 9:1–2), selbst zum Entrechteten wurde.

Noch ein wichtiger anderer Hinweis: In Übersetzungen von Apostelgeschichte 21:20 steht in der Regel, dass viele tausend Juden zum Glauben an Jeschua kamen.

Tatsächlich kann das Wort μυριάς Myriade, nur umschrieben werden und beinhaltet mehr als nur einige Tausend. Es bedeutet Tausende mal Tausende, eine nicht mehr zählbare Menge von jüdischen Menschen, die sich Jeschua zuwandten. Ebenso waren sie „eifrig in der Torah“, d. h. sie lebten und studierten die Bibel als Resultat ihres Glaubens.

Im Abschnitt des Jakobus 2 wird erneut betont, dass alle Menschen gleich sind, egal welche Stellung sie in der Welt haben. Daher darf keine Entehrung der Armen geschehen. Denn Unbarmherzigkeit zieht immer das Gericht nach sich.