Das jüdische Passahfest – Israels Befreiung

Jurek Schulz, Hamburg, April 2024

Das jüdische Passahfest – Israels Befreiung

Dieses Jahr begann das Passah-Fest am 22. April 2024 mit dem Erew Pessach (Abend des Pessach), dem 14. Nissan des jüdischen Kalenders und dauert mit dem anschließenden Fest der ungesäuerten Brote (Mazzot-Fest) bis zum 30. April 2024.   

 Der besondere Monat

Gott selbst bestimmte dieses Fest für Israel als das erste Fest, im ersten Monat des religiösen biblisch-jüdischen Kalenders (2. Mose 12:2).

Die Begründung:  Israel wurde in diesem (ursprünglich der 6. Monat im bürgerlichen Kalender) aus der Sklaverei befreit. Denn Gott der Herr sagt: „Du sollst das Fest der Ungesäuerten Brote halten.

Im Monat Abib sollst du zur festgesetzten Zeit sieben Tage lang ungesäuertes Brot essen, wie ich es dir geboten habe. Denn im Monat Abib bist du aus Ägypten ausgezogen.“ (2. Mose 34:18). Damit beginnt für Israel eine neue Zeitrechnung.

Dieser Monat  Abib bzw. hebräisch: „Aviv“ ist auch der Ährenmonat. Der Monatsname erinnert an den Frühling. Doch nach der babylonischen Gefangenschaft  515 v. Chr. änderte sich der Monatsname in Nissan. Ein Wort babylonischen Ursprungs, das „Frühlingsblüte“ bedeutet. Daher wurde dieses Wort in den jüngeren Büchern der  Bibel  aufgenommen: Nehemia 2:1; Esther 3:7; Daher bezeichnet noch heute der Monat Nissan den ersten Monat im jüdisch-religiösen Kalender.

Es ist der Monat der Wunder Gottes und insbesondere der Monat, indem Gott Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten befreite und sie in der neugewonnen Freiheit zu einer Nation wurden.

Im jüdisch-bürgerlichen Kalender ist jedoch seit der Zerstörung Jerusalems, damals am 04. August 70 n. Chr. der Monat Tischri (7. Monat)  der erste Monat des jüdischen Kalenders geworden und beginnt mit Rosh Ha Shana. Ein Tag der Trauer, Buße und der Erinnerung an den zerstörten Tempel.

Der biblische Hintergrund von Pessach

Passah (vorübergehen) ist, wie gesagt,  das erste von Gott verordnete Fest im ersten Monat des biblischen Kalenders (14. Nissan).

Der Engel des Herrn ging in Ägypten an den Häusern der Israeliten vorüber und verschonte ihre Erstgeburt. Nur wer Gottes Wort vertraute, ein Lamm schlachtete und das Blut an den Türpfosten strich, wurde verschont. Beim Passah wird an den Auszug der Israeliten aus der Knechtschaft Ägyptens, aus dem Tod in die Freiheit und in das Leben mit Gott gedacht. Juden feiern das Passahfest so, als wären sie selbst in der ersten Passahnacht dabei gewesen.

Das Passahfest ist der Geburtstag von Israel als Nation. Gott selbst bezeichnet sich über 100 Mal in der Bibel als der Gott, der Israel aus Ägypten gebracht hatte. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass in der traditionellen Synagogenlesung durch die Passahzeit Hesekiel 37:1–14, die Vision von der Wiederherstellung aus den Totengebeinen, gelesen wird.

Die weiteren Lesungen am Erew Pessach sind dieses Jahr: 2. Mose 32:11–14 und  34:1–10; ebenso auch Jesaja 55:6–56:8 neben den traditionellen Texten der Bibel während der Liturgie. 

Der Sederabend  –  Zeichen der Gnade Gottes für Israel

Das Fest beginnt mit dem Sederabend, an dem verschiedene symbolische Speisen und Handlungen an den Auszug aus Ägypten erinnern. Das Essen wird eröffnet mit  dem Segnen des ersten Bechers Rotwein. Dann reinigt der Hausvater seine Hände mit Wasser.

Jeschua  wusch an dieser Stelle wahrscheinlich die Füße seiner Jünger (Joh.13,12-14). Indem etwas Petersilie in Salzwasser eingetaucht und danach verzehrt wird, gedenkt man der vergossenen Tränen der Israeliten in Ägypten und der Errettung durch das Schilfmeer.

Die Besonderheit der Matzen

Dann nimmt man die Matzen (ungesäuertes Brot). Sie deuten auf den schnellen Auszug hin. Drei Matzen pro Tischgemeinschaft liegen bereit. Die mittlere wird herausgenommen und zerbrochen. Ein Teil davon wird versteckt und erst nach der Hauptmahlzeit wieder verwendet.

Sie wird als Afikomen bezeichnet, was nicht nur «Nachtisch» bedeutet, sondern von aphikomenos – „der Kommende“ – abgeleitet ist, also „Brot des Kommenden“ bedeutet. Es gilt als sicher, dass diese Matze zurzeit Jeschuas einen engen Bezug zur Messiaserwartung des jüdischen Volkes hatte. Für die messianischen Juden ist sie ein Sinnbild für den Messias Jeschua. Zuerst isst man etwas Matze mit Salz, als Zeichen für den Bund Gottes mit den Menschen. Dann isst man Matze mit Meerrettich  (Bitterkräuter). Sie erinnert an das Leiden in Ägypten.

Es könnte sein, dass Jeschua diese Matze benutzte, um aufzuzeigen, wer ihn verraten wird (Matth.26:21–24).  Anschließend wird ein Stück Matze mit einem Fruchtmus (Datteln, Nüsse, Äpfel, Feigen, Mandeln, Zimt und andere Gewürze mit Wein oder Zitronensaft) gegessen, das auf die Arbeit bei der Herstellung der Lehmziegel hinweist.

Die vier liturgischen Blöcke während der Passah-Feier

Während der Sederfeier werden in Anlehnung an 2. Mose 6:6–7 vier Becher Wein getrunken. (Keine Angst. Nicht so viel, dass jemand betrunken wird, oft nur jeweils ein Schluck). Diese vier Becher stehen gleichzeitig auch für vier liturgische Blöcke während der ganzen Pessach-Feier. Diese vier Elemente der Liturgie werden gemäß den vier Weinkelchen bezeichnet. Der erste Becher heißt Heiligung, der zweite   Becher ist der des Gerichturteils, dann beim dritten Becher wird an die  Erlösung erinnert, sowie ein vierter Becher, den  des Lobgesangs.

Der Kelch des Elia

Auf dem Tisch steht heute auch ein weiterer Becher mit Wein im Gedenken an Elia, weil sein Kommen noch erwartet wird. Aus diesem Becher wird nicht getrunken. Nach jüdischer Tradition darf nur der verheißene Elia daraus trinken.

Das Gericht

Mit zehn Tropfen Wein, welche mit dem Finger auf den Teller gespritzt wird, gedenkt man der zehn Plagen in Ägypten.

Das Lamm

Nach biblischer Tradition wurde immer am 14. Nissan  ein Lamm geopfert, das zuvor am 10. Nissan ausgewählt wurde. Im Neuen Testament lesen wir in Johannes 19:31, das die Kreuzigung Jeschuas am Vorabend des 14. Nissan, am „großen  Schabbat bzw. „hohen Festtag“ geschah. Das bedeutet, die Kreuzigung geschah am Nachmittag des Freitags, denn am Abend begann sowohl der Schabbat, als auch der Passah-Abend „Erew Pessach“.

Nach jüdischem Brauch wurde, wenn beide Ereignisse zusammenkommen, vom  „großen Schabbt“ gesprochen. Heute erinnert ein Lammknochen auf der Festtafel an das geschlachtete Lamm.

Passah und das Abendmahl

Was bei Christen heute als das Abendmahl bekannt ist, entstammt ursprünglich aus der damaligen Pessach-Liturgie.

Als Jeschua seinen Jüngern das Brot gab, nahm er die vorher gebrochene Matze (Afikomen) und den dritten Becher Wein, eben den Kelch der Erlösung und bezeichnete sie als seinen Leib und sein Blut. (Lk 22:19; Mark. 26:27–29). Er setzte damit den Neuen Bund nach Jeremia 31:31 ein. In Markusevangelium lesen wir,  das er dann sagte: „Von jetzt an werde ich keinen Wein mehr mit Euch trinken“. Das bedeutet, Jeschua hat den vierten liturgischen Teil der Passah-Feier nicht mehr mitgemacht. Jedoch von den Jüngern heißt es in Matthäus 26:30, das sie das Danklied gesungen hatten und danach zum Ölberg gingen.  Bei diesem  vierten liturgischen „Lobpreisabschnitt“  werden bis heute bei der Sederfeier die Psalmen 113–118 gelesen oder gesungen und damit der Abend abgeschlossen.

Heute wird beim Trinken des vierten Bechers Wein noch zusätzlich der Wunsch ausgesprochen: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“

Das wahre Passa-Lamm 

Jüdische Menschen, die an Jeschua als ihren Messias glauben, danken Gott nicht nur für die Befreiung aus Ägypten, sondern auch für die Befreiung aus Tod und Sünde durch Jeschua, das wahre Passahlamm. Mit dem Tod Jesu wurde die prophetische Bedeutung des Passahfest erfüllt (Jes. 53; Joh. 1:29.35.36). Dennoch bleibt es zeugnishaft als Erinnerungsfest der Größe Gottes, als fester Bestandteil der jüdischen Festtagskultur.

Der symbolische Abschluss

Das Ei auf jedem Seder-Teller erinnert an die Zerstörung des Tempels und ist nachbiblischen Ursprungs. Das Ei wird an einer Kerze geschwärzt, dann jedoch geöffnet umso auch symbolisch an die Hoffnung eines neuen Tempels und damit an die kommende messianische Zeit zu erinnern.

Bis ins 4. Jahrhundert feierten die Christen Ostern immer zur Zeit des Passahfestes, ein Brauch, dem von der Synode in Nizäa im Jahr 325 ein Ende gemacht wurde.

Das Fest der ungesäuerten Brote

Dieses Fest wird gleich anschließend an den Sederabend gefeiert (3. Mose 23:6–8). Während der Zeit von sieben Tagen darf nichts, was Sauerteig oder Hefe enthält, gegessen werden.

Wer nach 2. Mose 12:15 in der Passahzeit am „Brot Ägyptens“ festhalten wollte, der gehörte nicht zu Israel. Vor dem Sederabend werden deshalb jeglicher Hefe- und Sauerteigvorrat aus dem jüdischen Haus entfernt und das ganze Haus wie auch jedes einzelne Teil des Kochgeschirrs gereinigt. Die erste Gemeinde sah im Sauerteig ein Symbol für die Sünde. So schreibt Paulus in 1. Korinther 5:6–8: „Wisst ihr nicht, dass schon ein wenig Sauerteig genügt, um den ganzen Teig zu durchsäuern? Entfernt jeden, auch den allerkleinsten Rest des alten Sauerteigs, damit ihr und eure Gemeinde ein neuer, ungesäuerter Teig werdet. … Meidet entschlossen den Sauerteig des Bösen und Schlechten, und lebt euer neues Leben im ungesäuerten Teig der Reinheit und Wahrheit.“ Die Gläubigen wurden dazu aufgerufen, ihr Leben vom Sauerteig zu reinigen. Das Fest der ungesäuerten Brote wurde durch die Sündlosigkeit des Opfers Jesu erfüllt (Hebr. 9:11–10:18). Insofern wünschen wir Ihnen allen Chag Pessach Sameach. Aber auch gesegnete Ostern.

Empfehlung

Ein Buch möchte ich zum Schluss noch empfehlen: „Gottes Festtagskalender – Feste Israels mit messianischer Haggada“. Ich habe es komplett überarbeitet und es ist vor kurzem veröffentlicht worden.

Es kann bei www.amzi.org oder bei messianische Studien: www.mstudien.de bestellt werden.

Durch dieses Buch ist es jeder Gemeinde oder jedem Hauskreis möglich, selbst einmal eine Pessach-Feier durchzuführen. Dadurch wird ein noch tieferes Verständnis des Wirkens Jeschuas am Passah-Fest zur Zeit des Neuen Testaments vermittelt.