Nitzawim-Wajelech

Torah: 5. Mose 29:9–31:30; Haftara: Jesaja 61:10–63:9; Hosea 14:2–10, Joel 2:15–17; Brit Chadascha: Römer 9:30–10:13; Hebräer 12:14–15; Hebräer 13:5–8

(Angaben nach „Die Tora nach der Übersetzung von Moses Mendelssohn“ und David Stern)
[Autoren: Jurek Schulz, Alfred Balzer]

Nitzawim – Ihr steht

Wir lesen im ersten Doppelabschnitt davon, dass Mose kurz vor seinem Tod das Volk Israel als Ganzes in die kollektive Verantwortung gegenüber G’tt stellte. Das verdeutlicht erneut die Verantwortung des Einzelnen, in Ehrfurcht vor G’tt zu leben, auch wenn es schwer fällt und Mose als Mittler vom Volk gewünscht und gesetzt war. 

Wesentlich ist, dass die aus Ägypten Erretteten hier zum ersten Mal als Volk und Nation auf die Selbstbestimmung ihrer Zukunft für die Zeit nach Mose eingestimmt werden.

Das bedeutet aber auch, dass die kollektive Verantwortung nicht die individuelle Verantwortung des Einzelnen ausschließt. Jeder Einzelne ist und bleibt gegenüber G’tt verpflichtet. Daher muss die Gesamtheit des Volkes Israel sich vor IHM versammeln und auf ihn hören, um danach zu handeln.

V. 9: … ihr (alle) steht, … vor dem „Angesicht Jahwes“ eures G’ttes …

V. 28: Überlassen wir die verborgenen Dinge G’tt. Achten wir auf das, was offenbar ist und wir tun sollen.

Kap. 30: Bedingt durch unseren Abschnitt bleibt eine Frage: Wie verhält es sich mit G’ttes Entscheidung und mit der menschlichen Freiheit? Was kommt: Fluch oder Segen, Verstoßen sein unter den Heiden, Gefangenschaft oder doch Freiheit?

Ein Hinweis: Mit der Abfassung des 5. Mose-Buches wurde keine „Theologie“ betrieben oder festgelegt. Unser Abschnitt bringt zum Ausdruck, was bereits bekannt war. Israel war schon während der Wüstenwanderung ungehorsam.

Insofern ist hier eigentlich eine Prophetie vorhanden und keine Festlegung. Daher kann es auch heißen: „Ich hatte es dir gesagt, du hast dich als hartnäckig erwiesen und hast daher meine Strafe herausgefordert.“

Auffallend ist, wie oft die Umkehr und Reue als Möglichkeit eines Neuanfangs genannt werden. Trotz der Nöte, die über das Volk kamen, weil es G’ttes Willen ablehnte, sagte G’tt in Jesaja 63:4 doch: „Ich will die Meinen erlösen.“ Er bezeichnet es als sein Volk, das er liebt und erlösen will (Jesaja 63:8–9).

Wajelech – Er ging

Die zehn Tage zwischen Rosch HaSchana und Jom Kippur sind für Israel der Buße und Umkehr gewidmet. Viele Juden ringen in dieser Zeit darum, dass G’tt ihre Sünden ihm gegenüber vergibt und sie wieder für ein Jahr im „Buch des Lebens“ eingeschrieben sind. So dürfen wir uns freuen, dass durch den Messias Jeschua jeder Nachfolger im Buch des Lebens schon eingetragen ist, siehe u.a.

Phil 4:3 Ja, ich bitte auch dich, mein treuer Gefährte, steh ihnen bei; sie haben mit mir für das Evangelium gekämpft, zusammen mit Klemens und meinen anderen Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens stehen.

Offb 3:5 Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln.

In dieser Woche werden am Schabbat zusätzliche Stellen mit dem besonderen Aufruf zur Umkehr gelesen.

In Hosea 14:10 sagt der Prophet: „Die Wege des Herrn sind richtig“, d.h. Nöte sind durchaus Erziehungsmittel G’ttes, doch das Kindschaftsverhältnis wird nicht aufgelöst. In Joel 2:17 wird es sogar so ausgedrückt, dass G’tt um des Zeugnisses für die Völker willen treu zu seinem Volk steht.

Prophetisch weist Jesaja 56:8 in die Zukunft und damit bis in unsere Zeit hinein.

Die Zahl derer, die der Herr zum Volk hinzufügt, ist größer als das Volk Israel, weil auch die „Fremden“ zum Volk Israel versammelt werden, um ihn gemeinsam anzubeten.

So ist es interessant, dass der Nachfolger Moses, Josua, ursprünglich Hosea hieß. Sein voller hebräischer Name lautet „Jehoschua“. Prophetisch weist sein Name auf den eigentlichen Messias hin: hebr. „Jeschua”, griech. „Jesus“. Es ist die Kurzform von Jehoschua, d. h. „Jahwe ist unsere Hilfe“, übertragen: Der Herr ist meine Hilfe.

Dies wird schon heute in der messianischen Bewegung sichtbar: Juden und Nichtjuden beten gemeinsam als das Volk G’ttes den Herrn an und proklamieren: Jeschua ist unsere Hilfe. Wir sind aufgerufen, als Glieder des Volkes G’ttes mitzuhelfen, seinen Ruhm zu verkünden!

So ist das Stehen vor G’tt und das Hören wichtig, damit das Gehen und die Verkündigung seines Ruhmes möglich wird.